Maximilian Lange
Heinz Drossel in der Bundesrepublik: ausgegrenzt, missachtet, spät geehrt
Seine Zivilcourage brachte Heinz Drossel dazu diese Heldentaten zu verüben. Wenn man Zivilcourage aus dem französischen und lateinischen übersetzt bedeutet es “Bürgermut“. Und genau solch einen Mut hatte Heinz Drossel. Der Mut eines einzelnen Bürgers, der sich über alle Grenzen hinweg für andere Bürger einsetzt, um sie zu retten. Das ist Zivilcourage.
Nicht nur seine Taten machten Heinz Drossel zum Helden, sondern seine herausragenden Eigenschaften brachten ihn dazu, Menschenleben zu retten und sein eigenes zu riskieren. Jedoch wurden seine Taten vorerst nicht mit Heldenruhm honoriert. In der frühen bundesrepublik wollte man nichts von diesen Taten hören, die Menschen verdrängten diese und kümmerten sich um ihr Wohlergehen.
Das Schweigen über seine Taten brach Heinz Drossel jahrelang nicht,.
Erst Anfang der 90er Jahre wurden seine Heldentaten publik und er wurde endlich so geehrt, wie er es verdiente. Es mag wahrscheinlich daran liegen, dass sich Heinz Drossel selber nicht als Held sah. Er war nicht stolz auf seine Taten, auch wenn er allen Grund dazu gehabt hätte. In einem seiner vielen Interviews spricht er von innerer Erleichterung, wenn er über seine Taten sprechen kann. Er wirkte nie besonders stolz auf das, was er getan hatte, eher etwas traurig darüber, dass die anderen Menschen zumeist nicht so - in seinen Augen war das selbstverständlich – handelten, wie er es getan hatte. Diese „normalen Mitläufer“ hatten ihn wohl wegen ihres schlechten Gewissens in der Bundesrepublik bis in die 90er Jahre ausgegrenzt, dadurch dass sie seine Zweifel in ihre mitmenschlichen Fähigkeiten bestätigten und ihm und seiner Frau ablehnend und sogar häufig antisemitisch gegenüber traten. So hatte er nur sehr wenige Freunde und lebte nach dem Tod seiner Frau vereinsamt in Kirchhofen bei Freiburg.
Dies änderte sich jedoch im Laufe der 90er Jahre, er war inzwischen nach Simonswald zur Familie Silabetschki gezogen. Es wurde bekannt, was Heinz Drossel getan hatte, die Öffentlichkeit wurde informiert und reagierte, indem sie Heinz Drossel endlich so ehrte, wie es ihm zustand.
Bundespräsident Johannes Rau ehrte Heinz Drossel am 7. September 2000 mit dem Bundesverdienstkreuz, und machte damit deutlich, wie bedeutend er für die deutsche Geschichte ist. Dass dies auch die Simonwälder endlich merken sollten, dafür sorgte der Herr Bundespräsident, der zu Heinz Drossels 85. Geburtstag mit dem Hubschrauber nach Simonswald „einschwebte“ und Heinz Drossel persönlich gratulierte. Auch der Staat Israel ehrte ihn am 4. Mai 2000 als “Gerechter unter den Völkern“. Dies ist die höchste Auszeichnung, die der Staat Israel an Nicht-Juden vergibt. Im Jahre 2006 besuchte Heinz Drossel Yad Vashem, sah die Tafel mit seinem und den Namen seiner Eltern und erzählte dort israelischen Schülerinnen und Schülern seine Geschichte. Am 19. Oktober 2004 wurde ihm die “Raoul-Wallenberg-Medaille“ durch die Universität in Ann Arbor-Michigan überreicht. Er erzählte uns, dass er sehr stolz gewesen sei, mit dem Judenretter Raoul Wallenberg in einem Atemzug genannt zu werden.
Am 12. Januar 2006 erhielt die Zivildienstschule in Seelbach den Namen von Heinz Drossel und heißt seitdem: Zivildienstschule Seelbach Heinz-Drossel-Bildungszentrum. Leider musste Herr Drossel miterleben, dass diese Schule aufgelöst wurde, dies bestätigte ihm nochmals, wie ignorant manche mit ihm und der Vergangenheit umgehen.
Die zahlreichen Auszeichnungen machen deutlich, dass Heinz Drossel als Held auf die Öffentlichkeit wirkte. Doch uns gegenüber betonte er immer, dass sein Handeln selbstverständlich gewesen sei und wir ihn als unseren Freund ansehen sollten. Von Helden und Heldenverehrung hielt er nicht viel. Er war jetzt in der Öffentlichkeit anerkannt und respektiert.
Doch nicht seine Auszeichnungen, sondern seine Taten machten ihn in unseren Augen zum Helden.
Er machte sich selber zum Helden.
Nach dem Bekanntwerden seiner Taten wurde Heinz Drossel zu einer wichtigen Person des öffentlichen Lebens. Seine Vorträge und Erzählungen genauso wie seine Auftritte als Zeitzeuge waren weltweit gefragt. Egal wo er seine Vorträge über seine Geschichte hielt, wo er als Zeitzeuge mit den verschiedensten Menschen sprach oder wo man einfach Veröffentlichungen über sein Leben in der Zeitung las oder im Fernsehen sah, er war stets hoch geachtet.
Heinz Drossel war durch seine Taten zu einer hochgeachteten Person im öffentlichen Leben des 21. Jahrhunderts geworden.
Die Personen, mit denen er sprach wirkten stets ehrfürchtig ihm gegenüber. Er wirkte als etwas Besonderes. Er hatte eine Aura, die den ganzen Raum erfüllte. Seine Zuhörer fassten oft Mut durch das, was er erzählte. Ihnen wurde klar, dass jeder etwas bewirken konnte, auch wenn es nur etwas sehr Kleines war.